Themen

, ,

Einfamilienhaus: Sehnsuchtsort oder schwarzes Klimaschaf?

4. Juni 2021

@chhmz / photocase.de

BDA-Denklabor – #19

Es ist ein schmaler Grat: Wo sich privates Lebensglück und gesellschaftliche Verantwortung treffen, ist das Ringen um die Grenze zwischen staatlicher Regulation und Privatsphäre nicht erst seit der Corona-Pandemie heiß umkämpft. So auch in der jüngst, nicht ohne Polemik, geführten Debatte rund um die Ausweisung von Neubaugebieten für Einfamilienhäuser. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach den eigenen vier Wänden, einem Leben im Grünen und spielenden Kindern auf der Straße. Auf der anderen Seite gerät das Einfamilienhaus aufgrund seines hohen Energie-, Ressourcen und Flächenverbrauchs immer häufiger in den Fokus klimapolitischer Diskussionen.
Zum Vergleich: Auf einem Hektar Fläche könnten 10 freistehende Einfamilienhäuser mit konventionellem Garten, 40 Einfamilien-Reihenhäuser in „kosten- und flächensparender“ Bauweise oder 250 Geschosswohnungen untergebracht werden.

Tatsächlich ist die Frage wie wir in Zukunft wohnen wollen und sollen nicht leicht zu beantworten. Denn die Zusammenhänge sind komplex und die Situation vor Ort sehr unterschiedlich. Während der Druck des Wohnungsmarktes in der einen Kommune dazu führt, dass bezahlbarer Wohnraum nur noch am Stadtrand zur Verfügung steht, kämpfen andere Kommunen mit erheblichen Leerständen in Siedlungen der 50er und 70er Jahre.
Hier sind kluge Stadtplanung, die Weiterentwicklung von Bestandsimmobilien, alternative Wohnmodelle und Ideen für eine zukunftsfähige Mobilität gefragt.

Mit einem Podcast der Reihe BDA Denklabor ‚Don’t Waste the Crisis‘ geht der BDA NRW der Frage nach, welche nachhaltigen Alternativen es zum Neubau in Einfamilienhausgebieten gibt und wie wir als Planer*innen ein gesellschaftliches Umdenken fördern können. Ragnhild Klußmann, Architektin und stellvertretende Landesvorsitzende des BDA NRW, Yasemin Utku, Professorin für Städtebau und Planungspraxis an der TH Köln und Mitinhaberin des Planungsbüros STADTGUUT in Bochum und Christian Holl, Architekturpublizist und Kurator sowie Landessekretär des BDA Hessen sprechen darin über Lebensmodelle, Lebensabschnittsimmobilien, Überalterung, Leerstand und Betongold, über die Homogenitätsfalle, Förderkulissen und den Donuteffekt.

Gute Beispiele gibt es überall dort, wo die Beteiligten an einem Tisch über Lösungen nachgedacht haben: In Wichlinghofen bei Dortmund wurde aus einer von der Schließung bedrohten Schule ein Community Center mit sozialen und kulturellen Angeboten für das Quartier; Auf der IBA Hamburg wurde mit dem Projekt ‚Grundbau und Siedler‘ Möglichkeiten ausgelotet die identitätsstiftenden Qualitäten des Eigenheims auf den Geschossbau zu übertragen und die Gemeinde Hiddenhausen setzte mit Ihrem Förderprogramm ‚Jung kauft Alt‘ dem demografischen Wandel und dem Leerstand von Bestandsimmobilien aktiv etwas entgegen.

Mit dem sogenannten Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Mai dieses Jahres wurde die Generationengerechtigkeit in Klimafragen nun auch juristisch fixiert.
Betrachten wir die Flächeninanspruchnahme von 56 Ha pro Tag in Deutschland, die hauptsächlich für die Entwicklung von Wohnflächen und die dazugehörigen Verkehrsflächen entfallen, wird die Dimension der Herausforderung deutlich.
Ohne eine gehörige Portion Mut und den langen Atem aller Akteure, einen sachlichen Diskurs und den Austausch von Ideen und Erfahrungen, wird das Problem nicht zu lösen sein.

Hier geht es zum Denklabor!