Themen

,

BDA Pavillon Monheimsallee 111 Aachen

6. November 2021

 

Entwurf des Eingangsbereiches
Entwurf des Innenraumes

Bund deutscher Architektinnen und Architekten saniert den Pavillon auf der Monheimsallee in Aachen mit Hilfe der Familie Kerz – Erbe des Stadtbaumeisters Phillipp Kerz gesichert

An dem markanten roten Gebäude an der Kreuzung Krefelder Straße / Monheimsallee kommen täglich tausende vorbei, zu Fuß mit dem Fahrrad oder mit dem PkW.
Es ist neben den noch erhaltenen Stadttoren und -türmen eines der wenigen Bauwerke im Grünstreifen des Alleenringes.
In den letzten Jahren stand das expressionistische Gebäude leer, vor Jahren waren die letzten Nutzer Pfadfinder, die das Haus als Lager nutzten. Zwar wurde die Hülle des Gebäudes im Jahre 2017 mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalpflege saniert , aber innen blieb es eine Ruine, mangels Nutzungskonzept. Stets war der Rolladen verschlossen und ein Blick in das Haus unmöglich. Das soll nun anders werden. Der Bund deutscher Architektinnen und Architekten Aachen hat sich der Sache angenommen. In Zukunft soll der Pavillon als Geschäftsstelle und Versammlungsort des BDAs dienen.
Die Adresse Monheimsallee 111 klingt gut und – Aachen typisch – ein wenig nach Karneval. Es soll dort (bau)kulturelle Veranstaltungen, kleinere Ausstellungen und Vorträge geben. Das Gebäude kann vom BDA auch anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden, z.B. Künstlern, den Hochschulen, Sponsoren oder Studenten – allen denen, die mit (Bau-)Kultur, Stadtentwicklung und Mobilität etwas zu tun haben.
Der BDA hat einen langjährigen Mietvertrag mit der Stadt Aachen geschlossen und einen Bauantrag zur Nutzungsänderung gestellt.
Die Baugenehmigung wurde vor kurzem erteilt und nun geht der BDA die Sanierung an. Noch in diesem Jahr sollen die Rohbaumassnahmen beginnen.
Das denkmalgeschützte Gebäude wird in seiner Form nicht verändert oder erweitert, sondern nur im Innern für die neue Nutzung umgebaut.

Besonders freut sich der BDA über die Unterstützung aus der Familie Kerz.
Rainer Kerz (85, Jahrgang 1936), Sohn des Stadtbaumeisters hat bei Geburtstagen anstelle von Blumen Geld gesammelt und stellt dieses über den „Rheinischen Verein für Denkmalpflege“ (www.rheinischer-verein.de/de/regionalverbaende/euregio_aachen/euregio_aachen_1.html)
dem BDA für die Sanierung des Gebäudes zur Verfügung.
Er weiß zu berichten, dass sein Vater zahlendes – als Beamter aber nicht typisches – Mitglied des BDAs war und regelmässig die BDA-Veranstaltungen besucht hat.
Schon ist vom „Phillippeion“ oder dem „Kerz-Pavillon“ die Rede.
Darüberhinaus hat Christoph Kerz (52, Jahrgang 1969) , Enkel des Stadtbaumeisters und Geschäftsführer der Kerz Innenausbau GmbH Stolberg (www.kerz-innenausbau.de) zugesichert, mit seiner Schreinerei die Innenausbauten aus Holz zu realisieren und trägt so ebenfalls dazu bei, dass das Erbe des Großvaters weiterhin Bestand hat und genutzt wird. Der BDA Aachen selbst stellt seine Mittel für die Sanierung zur Verfügung. Darüberhinaus konnten einige Sponsoren aus der Bauwirtschaft akquiriert werden, die ihre Produkte spenden. Die Stadt Aachen (Gebäudemanagement, Hr.Merz) erneuert als Vermieter noch Bestandsfenster, hat die Statik für den Umbau beauftragt und wird das Gebäude mit Fernwärme durch die Stawag versorgen lassen. Aber auch in Eigenleistung waren die Architekten vom BDA Aachen schon aktiv. So wurde gemeinsam – bei einer Flasche Bier – entrümpelt und Putz von der Wand geschlagen. Hierbei konnte man auf die Hilfe von Fa. Deubner Aachen zurück greifen, die auch in Zukunft das Vorhaben unterstützt.
Der Vorstand des BDA Aachen, die Architekten Björn Martenson, Alexander Bartscher und Arndt Bischof treiben das Vorhaben tatkräftig voran und würden sich freuen , noch weitere Unterstützer und Sponsoren zu finden, die sich gerne beim BDA Aachen melden oder spenden können.

Der BDA Aachen beabsichtigt, im nächsten Jahr das Haus mit einem Empfang zu eröffnen und gleichzeitig eine Internetseite zu präsentieren, die auf die Veranstaltungen in dieser neuen Kulturstätte hinweisen wird.

Exkurs Umformerhäuschen
Das Gebäude wurde 1925 errichtet und war in seiner Nutzung dreigeteilt:
zur Kreuzung Kiosk, in der Mitte eine Transformatorenstation und rückwärtig ein Herren-Urinal mit Außenzugang. Die Bauzeichnungen waren überschrieben mit:
„Umformerhäuschen mit Verkaufsstand und Bedürfnisanstalt“
Ausgerechnet in „BeDürfnisAnstalt“finden sich die Initialen des BDA wieder.
Die Architekten sprechen auch gerne schmunzelnd von den „Drei Ts“ oder in Anspielung auf eine TV-Sendung von T-T-T: Trinkhalle – Toilette – Transformatoren.
Im Jahre 2017 erfolgte eine Denkmalpflegerische Sanierung der Außenhülle durch die Stadt Aachen mit Unterstützung durch „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“
(https://www.denkmalschutz.de/presse/archiv/artikel/pavillon-auf-der-monheimsallee-wird-dsd-foerderprojekt.html):
„Nach dem Ersten Weltkrieg verlagerte sich das Aachener Kurleben aus Burtscheid in den Stadtteil am Lousberg. Den südlichen städtebaulichen Endpunkt dieses neuen Kurbezirks bildete an der ehemaligen Flaniermeile Monheimsallee ein Pavillon, der an einer aufwendig gestalteten Kreuzung gleich neben der Bastei errichtet wurde. Der eingeschossige, massive Putzbau diente als Kiosk und Transformatorenhäuschen mit angegliederter Bedürfnisanstalt.

Auf kreuzförmigem Grundriss errichtet, gliedern den expressionistischen Bau schlichte Putzflächen, die von stark hervortretenden Eckquaderungen gerahmt werden. Ein dreieckiges Vordach, dessen Spitze auf einem quadratischen Pfeiler ruht, akzentuiert die Hauptansicht. Die umlaufende Attika wird von einer Betonbalustrade gebildet, die aus offenen Dreieckselementen besteht. Das Gebäude ist mit einem Flachdach gedeckt, das in der Mitte zurückgesetzt ein steiles schiefernes Pyramidendach krönt.
Der Bau ist der letzte original erhaltene Kiosk der Stadt.“ (DSD-s.Link)

Trafostation und Kiosk Monheimsallee 1925
Im Zusammenhang mit der Umformerstation in der Minoritenstraße stand der Neubau von kleineren Verteilerstationen in der Nähe der Endverbraucher. Wegen seiner Lage in der Monheimsallee wurde die dortige Station besonders sorgfältig gestaltet. Der Bau wurde 1925 auf dem Grünstreifen des Stadtringes an der Kreuzung zwischen Ringstraße und der wichtigen Stadtzufahrt Krefelder Straße errichtet.
Das Gebäude war in drei Zonen unterteilt: in der Mitte war der Technikraum, dahinter eine öffentliche Bedürfnisanstalt, zur Kreuzung hin ein Verkaufsraum für Erfrischungsgetränke, Zeitschriften und anderes. Jeder Zone entspricht im Grundriss eine geometrische Figur: der Kiosk ist tlw. in einem Dreieck (Vordach) organisiert, die Trafostation in einem Rechteck und die Bedürfnisanstalt in einem (Halb-)Kreis. Zusammen mit der Bepflanzung der Allee folgt das Gebäude einer strengen symmetrischen Anlage. Auf der Kioskseite befindet sich ein flaches Dach, welches sich dreieckig nach vorne verlängert, es wird von einer sich nach unten stark verjüngenden Stütze getragen. Die Ecken werden durch geputzte Quader betont, ein pyramidenförmiger Dachaufsatz bekrönt das Gebäude. Das Dach wird mit einem umlaufenden Brüstungsgitter umschlossen, auf dem sich regelmässig Kugeln als Baudekoration befinden. Insgesamt zeigt das Gebäude exemplarisch die expressionistische Formensprache der Zeit und weist formelle Verwandtschaften zu den anderen Kerz-Bauten in Aachen auf. Dominierendes Motiv sowohl im Grundriß (Vorbereich vor dem Verkaufsstand) als auch im Aufriss (Brüstungsbereich, Pyramidendach) ist das Dreieck, welches sich auch in den aus zwei Dreiecken zusammengesetzten rhombischen Fenstern wieder findet. (eigene Quellen, u.a. Vortrag von Hrn.Dux)

Das Gebäude ist in die Denkmalliste der Stadt Aachen eingetragen:
„eingeschossiger Putzbau in expressionistischen Formen, Dach mit pyramidenförmigem, schiefergedecktem Aufsatz und mit umlaufenden gemauerten Brüstungsgittern; ursprünglich als Trafohäuschen gebaut; Architekt Philipp Kerz; später als Kiosk genutzt, seit 1989 als Lagerraum. 1988 und 2017 restauriert“ https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Aachen-Mitte_(I%E2%80%93O)

Exkurs Phillipp Kerz
Der Architekt Philipp Kerz (1890-1966)
Der Architekt des Pavillons, Phillipp Kerz kam zwischen dem ersten und dem zweiten
Weltkrieg nach Aachen und spielte als Baurat eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau. Zahlreiche Bauten in Aachen gehen auf ihn zurück. Dazu gehören u.a.:
Waldstadion, Schwimmbad Hangeweiher, Kinderheim Alte Kuhscheid
(jetzt Grundschule Höfchensweg), Wohnungbauten Joseph-von-Görres-Straße,
Umformerwerk Minoritenstraße u.a.

Biographie Kerz
Kerz wurde am 13.04.1890 in Mainz- Kastel als Sohn des Lehrers Bartholomäus Kerz geboren. Nach vierjährigem Besuch der Volksschule Kastel und acht Jahren Oberrealschule
in Mainz schloss er die Schule mit Reifezeugnis ab. Anschließend nahm er das Studium des Hochbaufaches in Darmstadt auf. Dort studierte er zunächst 4 Semester, dann ein Semester in München um nach weiteren 3-4 Semestern im Juli 1912 das Diplom-Hauptexamen in Darmstadt mit Auszeichnung abzulegen. 1912-1913 war Kerz im Atelier Prof.Dr.Vetterlein in Darmstadt tätig. Er wurde am staatlichen Hochbauamt in Bremen angestellt und unterbrach seine dortige Tätigkeit für einen einjährigen Heeresdienst. In Bremen war er betraut mit der Vorbereitung, Ausführung und Abrechnung von Kanalpumpenstationen, einer Pumpenhalle, einer Reinigungshalle sowie zweier Beamtendoppelwohnhäuser.

Nach einer weiteren Tätigkeit bei der landwirtschaftlichen Kreisbauberatungsstelle in Labiau/Ostpreußen, tritt Kerz im Mai 1919 seine erste Stelle als Regierungsbaumeister und Vorsteher der zeitweilig mit sechs Hilfskräften besetzten Neubauabteilung in Gera/Reuss an.
Dort leitet er die Projektierung und Ausführung von Siedlungsplänen, Wohnungsbauten mit ca. 160 Wohnungen, hält Vorträge, schreibt Fachaufsätze und nimmt an Wettbewerben teil.

Kerz verlässt Gera auf eigenen Wunsch, da sich in Aachen eine bessere Besoldung und eine feste Anstellung für ihn ergeben. Am 01.10.1921 wird er – genehmigt durch die belgische Besatzung – Abteilungsleiter und Stellvertreter des Vorstandes des Hochbauamtes in Aachen.
1923 erfolgt seine Ernennung zum Baurat (bis dahin Stadtbaumeister). Er heiratet 1929 Louise Nütten, die Tochter eines Rechtsanwaltes und hat zwei Söhne.

In die nachfolgende Zwischenkriegszeit fallen die meisten seiner bekannten Bauten in Aachen, z.B. die Bauten am Hangerweiher, das Kinderheim am Höfchensweg, die Wohnsiedlung Talstraße, das Waldstadion, das Umformerwerk in der Minoritenstraße, die Wohnhäuser in der Josef von Görres Straße, die Trafostation Monheimsallee u.a.

Im März 1934 wird Kerz in Folge des politischen Umbruchs vom Oberbürgermeister gem. des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entlassen. Der drohenden Zwangspensionierung entging er nur durch den Druck des direkten Vorgesetzten, in die Partei einzutreten, ohne ein Amt zu übernehmen. Der Bauverwaltungsdezernent duldete ihn nur noch als Architekt, nicht als Abteilungsleiter. Er erhielt Aufgaben in der Stadtgestaltung und in der Bauberatung und wird erst 1940 wieder Amtsleiter im Luftschutzbauamt. Gegen Ende des Kriegs wird er mit der Familie evakuiert und bei der Stadtverwaltung in Jena beschäftigt.

Nach dem 2.Weltkrieg kehrt er nach Aachen zurück und im Dezember 1946 teilt die Stadtverwaltung Aachen mit, dass er ab 01.02.1947 wieder bei der Stadt als städtischer Baurat A30 vorübergehend beschäftigt würde. 1947 bewarb er sich auf die ausgeschriebene Stelle des Leiters des Hochbauamtes, seine Berufung erfolgte im April 1948.

Eine seiner ersten Aufträge nach dem 2.Weltkrieg war die Wiederherstellung des Aachener Theaters, das im Juli 1943 erheblich getroffen worden war. Mit besonderer Liebe widmete er sich dem Wiederaufbaus des innen total zerstörten Rathauses.

Am 18.07.1949 wurde er zum städtischen Oberbaurat berufen und am 28.03.1951
vereidigt. Am 26.07.1954 folgte die Ernennung zum städtischen Baudirektor.
1955 tritt er in den Ruhestand und der Stadtrat beschließt, ihn während der Einarbeitungszeit seines Nachfolgers ein halbes weiteres Jahr als Angestellten zu beschäftigen. 1965 wird ihm das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Am 24.02.1966 ist Kerz in seinem Hause St. Vither Straße 23 verstorben – die Beisetzung fand am 01.03. auf dem Waldfriedhof statt.
(eigene Quellen, u.a. Vortrag von Hrn.Dux)